Die Amphibien und Reptilien aus der von Borcke-Sammlung des Berliner Museums für Naturkunde: eine Fundgrube für verschollen geglaubtes Seba-Material

Die Amphibien und Reptilien aus der von Borcke-Sammlung des Berliner Museums für Naturkunde: eine Fundgrube für verschollen geglaubtes Seba-Material

Von Aaron M. Bauer, Villanova, USA & Rainer Günther, Berlin

Zusammenfassung

Etwa 150 Amphibien und Reptilien, die Graf von Borcke dem Zoologischen Museum der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin (später Teil des Museums für Naturkunde Berlin) im Jahr 1817 schenkte, sind dort heute noch erhalten. Aufgrund von Informationen durch Blasius Merrem und weiteren historischen Quellen konnte ermittelt werden, dass von Borcke einen Teil seiner Sammlungen aus dem Besitz von Willem Xaver Janssen (=Wilhelm Xaver Jansen) kaufte, der wahrscheinlich indirekt diese Präparate über Adrianus van Royen aus der zweiten Sammlung von Albertus Seba, die 1752 veräußert wurde, erworben hatte. Der Vergleich des von Borcke-Materials mit Sebas Illustrationen ergab vier sichere und 19 wahrscheinliche Übereinstimmungen. Am überzeugendsten ist ein Exemplar von Python sebae, dessen Bauch und Magen geöffnet wurden, so dass ein Vogel sichtbar ist. Die entsprechende Seba-Illustration ist ein Ikonotypus des Dunklen Tigerpythons, Python bivittatus Kuhl, 1820.
Weitere 10 Tiere in der ZMB-Sammlung haben wahrscheinlich ebenfalls für Seba-Illustrationen als Vorlage gedient, die folglich auch als Ikonotypen gelten. Die häufig stilisierte Form der Seba-Abbildungen, insbesondere der Schlangen, macht eine sichere Zuordnung der überkommenen Seba-Tiere allerdings schwierig. Außerdem handelt es sich bei fünf Schlangen höchstwahrscheinlich um Tiere aus der Janssen-Kollektion, die von Merrem beschrieben und abgebildet wurden. Drei davon sind Typus-Exemplare von nachfolgend beschriebenen Taxa, so z.B. auch der weitverbreiteten und vieluntersuchten Braunen Nachtbaumnatter, Boiga irregularis (Bechstein, 1802). Eine Kombination historischer Quellen mit der Untersuchung noch vorhandener Exemplare lieferte überzeugende Argumente für die Feststellung, dass ein großer Teil der herpetologischen Seba-Sammlung im Berliner Naturkundemuseum noch heute präsent ist.
Der vorliegende Aufsatz ist die deutsche Übersetzung der Arbeit von Bauer & Günther: „Origin and identity of the von Borcke collection of amphibians and reptiles in the Museum für Naturkunde in Berlin: A cache of Seba specimens?“, erschienen in Zoosystematics and Evolution 89(1): 167-185 (2013), durch den deutschen Koautoren Dr. Rainer Günther. Das Thema war auch Gegenstand eines Referates von Professor Aaron Bauer auf der Jahrestagung der AG „Literatur und Geschichte der Herpetologie und Terrarienkunde“ in der DGHT am 9. März 2013 in Bonn.
Diesem Aufsatz ist eine Liste der Errata in der Originalarbeit als Anhang beigegeben.

Summary

Origin and identity of the von Borcke collec-tion of amphibians and reptiles in the Museum für Naturkunde in Berlin: A cache of Seba specimens?: About 143 specimens of amphibians and reptiles donated by Graf von Borcke in the first years of the museum’s existence (1817) are still present in the Museum für Naturkunde Berlin (ZMB). Based on information published by Blasius Merrem and additional historical sources, it can be determined that a portion of von Borcke’s collection was purchased from the estate of Willem Xaver Janssen (= Wilhelm Xaver Jansen) and that this was probably obtained indirectly (possibly via Adrianus van Royen) from the second collection of Albertus Seba, auctioned in 1752. Comparision of the von Borcke material with Seba’s illustrations reveals four credible and 19 questionable matches. Most convincing is a specimen of Python sebae partly dissected to show a bird in its abdomen. The Seba figure of this specimen is an iconotype of Python bivittatus Kuhl, 1820. An additional ten ZMB specimens are possible matches to Seba illustrations that have served as iconotypes. The stylized appearance of many of Seba’s figures, particularly those of snakes, makes the unambiguous identification of surviving Seba specimens difficult. In addition, five snake specimens are probable matches to specimens from Janssen’s collection that were described and figured by Merrem. Three of these are type specimens of subsequently described species, including the widespread and invasive Boiga irregularis (Bechstein, 1802). A combination of histo-rical information and specimen correspondences yields a strong case for the survival of a large part of Seba’s herpetological collection in Berlin. These german version of the original paper „Origin and identity of the von Borcke collection of amphibians and reptiles in the Museum für Naturkunde in Berlin: A cache of Seba specimens?“ in Zoosystematics and Evolution 89(1): 167-185, 2013, is prepared by Rainer Günther, the german co-author of the original paper.